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Brief für Unternehmer- und Freiberufler des Monats Oktober 2010


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste?

2.

Sanierungserlass nur bei unternehmensbezogenen Sanierungen

3.

Verfassungswidrigkeit der Grundbesitzwerte für Zwecke der GrESt?

4.

Organschaft - (Teilweise) Entwarnung beim Gewinnabführungsvertrag

5.

Einbringung eines MU-Anteils als Agio bei Bargründung

6.

Berufsbetreuer und Verfahrenspfleger nicht gewerbesteuerpflichtig!

7.

Anspruch auf Auseinandersetzungsguthaben vor Erstellung der Abfindungsbilanz?

8.

Steuerzahler muss Finanzamt nicht auf Fehler aufmerksam machen

9.

Ehemaliger Klinik-Geschäftsführer erhält Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung

10.

Werbung für computergestützte Brillenabgabesysteme ist wettbewerbswidrig

11.

Ausfuhrerstattung: Ausfuhrlizenzen im Sektor Schweinefleisch

12.

Verjährung trotz Hinausschiebung einer Betriebsprüfung

13.

Zuckerrübenlieferrecht: 10 Jahre Nutzungsdauer

14.

Zur Bewertung unentgeltlich eingeräumter Genussrechte

15.

Handelsvertreterausgleichsanspruch ist Engeltforderung

16.

Gewinnerzielungsabsicht bei selbstständiger Steuerberatertätigkeit

17.

Strafverteidigungskosten als Werbungskosten

18.

Steuerneutrale Abspaltung eines Teilbetriebs

19.

Umsatzeinbußen reichen nicht für betriebsbedingte Kündigung

20.

Ehegatten-Untertreuhandverhältnis: Steuerrechtliche Anerkennung



1. Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste?

Kernproblem
Einkünfte, die ein inländischer Steuerpflichtiger durch eine im Ausland belegene Betriebsstätte erzielt, sind im Inland abkommensrechtlich regelmäßig freigestellt. Die Freistellung der "Einkünfte" umfasst dabei nach ständiger Rechtsprechung des BFH sowohl Gewinne als auch Verluste (sog. Symmetriethese). Die Freistellungsmethode ist somit für den Steuerpflichtigen im Fall von positiven Einkünften von Vorteil, bei negativen Einkünfte jedoch von Nachteil. Denn im letztgenannten Fall kann er die ausländischen Betriebsstättenverlusten nicht mit inländischen Gewinnen verrechnen. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs verstößt die Nichtberücksichtigung von ausländischen Betriebsstättenverlusten auch grundsätzlich nicht gegen das Europarecht. Ein Verstoß gegen die europarechtlich gebotene Niederlassungsfreiheit sei aber ausnahmsweise dann gegeben, wenn die Verluste einer im EU-Ausland befindlichen Betriebsstätte endgültig bzw. "final" seien. In der Praxis ungeklärt und strittig war bislang die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer "Finalität" der Verluste auszugehen ist und wie bzw. wann eine Verlustberücksichtigung im Inland zu erfolgen hat.

Auffassung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung hat bislang die Auffassung vertreten, dass ausländische Betriebsstättenverluste nur dann final sind, wenn sie aus rechtlichen Gründen nicht mehr genutzt werden können. Eine Aufgabe der ausländischen Betriebsstätte wäre demnach bspw. nicht ausreichend, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Steuerpflichtige in der Zukunft erneute eine Betriebsstätte in dem Land eröffnet und die Betriebsstättenverluste sodann nutzen wird.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist eine "Finalität" ausländischer Betriebsstättenverluste hingegen gegeben, wenn diese aus tatsächlichen Gründen im Betriebsstättenstaat nicht mehr genutzt werden können. Als Beispiele hierfür nennt der BFH explizit die Aufgabe oder Übertragung der Betriebsstätte sowie die Umwandlung der Betriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft. Keine "Finalität" der Betriebsstättenverluste nimmt der BFH hingegen an, wenn die Verluste lediglich aufgrund der ausländischen Rechtsordnung (bspw. zeitliche Begrenzung des Verlustvortrags) nicht mehr genutzt werden können. Des Weiteren hat der BFH entschieden, dass die Verluste auch im Rahmen der Gewerbesteuer zu berücksichtigen sind. Zeitpunkt der Verlustberücksichtigung ist der Veranlagungszeitraum, in dem die Verluste final bzw. endgültig geworden sind (keine phasengleiche Verlustberücksichtigung).

Konsequenzen
Die zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung lange Zeit strittige Frage, wann von einer "Finalität" ausländischer Betriebsstättenverluste auszugehen ist, wurde nunmehr weitestgehend zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Steuerpflichtige können demnach ausländische Betriebsstättenverluste insbesondere dann im Inland verwerten, wenn sie die Betriebsstätte aufgegeben oder veräußert haben. Für noch betriebene Betriebsstätten mit entsprechenden Verlusten kann u. U. überlegt werden, diese Betriebsstätten in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln, um die bis dahin erzielten Verluste im Inland steuerlich geltend zu machen. Abzuwarten bleibt, ob die Finanzverwaltung solche "Gestaltungen" unter Missbrauchsgesichtspunkten aufgreifen wird.

2. Sanierungserlass nur bei unternehmensbezogenen Sanierungen

Kernproblem

Sanierungsgewinne, wie bspw. aus einem (teilweisen) Schuldenerlass zum Zwecke der Sanierung eines Unternehmens, waren für bis zum 31.12.1997 endende Wirtschaftsjahre steuerfrei (§ 3 Nr. 66 EStG a. F.). In der Gesetzesbegründung zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. wurde indes darauf hingewiesen, dass zukünftig einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen im Billigkeitswege (Erlass bzw. Stundung der Steuer) begegnet werden könne.

Auffassung der Finanzverwaltung im Sanierungserlass
Nach Auffassung der Finanzverwaltung im sog. Sanierungserlass kommt ein sachlicher Härtefall nur im Fall von unternehmensbezogenen, nicht aber bei unternehmerbezogenen Sanierungen in Betracht. Eine unternehmensbezogene Sanierung liege demnach vor, wenn ein Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahrt und wieder ertragsfähig gemacht werden soll. Unternehmerbezogene Sanierungen sind hingegen solche, bei denen der Schuldenerlass den Steuerpflichtigen persönlich zugute kommen soll. Strittig war bislang, ob die Auffassung der Finanzverwaltung im Sanierungserlass überhaupt durch das Gesetz gedeckt ist (bejahend: FG Köln; verneinend: FG München). Bejahendenfalls war des Weiteren zu klären, ob die Beschränkung der sachlichen Härtefälle auf unternehmensbezogene Sanierungen rechtens ist.

Entscheidung
Der Auffassung des FG München, wonach der Sanierungserlass keine gesetzliche Grundlage habe, wurde durch den BFH explizit widersprochen. Nach Auffassung des BFH ist nicht zu beanstanden, dass die Finanzverwaltung zum Zwecke der Vereinheitlichung des Verwaltungshandelns in einer Verwaltungsvorschrift regelt, in welchen Fällen der Erlass von auf Sanierungsgewinnen beruhenden Steuern aus sachlichen Billigkeitsgründen möglich ist. Dass die Finanzverwaltung dabei lediglich unternehmensbezogenen Sanierungen mit Steuerstundungen und/oder -erlasse wegen sachlicher Unbilligkeit begegne, sei ebenfalls nicht zu beanstanden.

Konsequenzen
Zwar stimmt der BFH der Finanzverwaltung zu, dass bei unternehmerbezogenen Sanierungen kein sachlicher Härtefall gegeben sei. Dem Steuerpflichtigen bleibt es aber unbenommen, persönliche Billigkeitsgründe geltend zu machen. Offen gelassen hat der BFH dagegen ausdrücklich, ob die Verwaltung im Sanierungserlass zu weit reichende Billigkeitsmaßnahmen für zulässig hält. Diese Frage war im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich und daher nicht zu beantworten.

3. Verfassungswidrigkeit der Grundbesitzwerte für Zwecke der GrESt?

Kernproblem
Beim Erwerb eines Grundstücks bemisst sich die Grunderwerbsteuer grundsätzlich nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Beim Kauf eines Grundstücks ist Bemessungsgrundlage daher der Kaufpreis. Ist indes keine Gegenleistung vereinbart, wie dies z. B. bei Unternehmensumstrukturierungen häufig der Fall ist, ist die Steuer nach den Werten des § 138 BewG zu bemessen (§ 8 Abs. 2 GrEStG). Die dort vorgesehene Bewertung für bebaute und unbebaute Grundstücke hat das Bundesverfassungsgericht aber in 2006 im Zusammenhang mit der Festsetzung von Erbschaft- und Schenkungsteuer als verfassungswidrig angesehen. Hintergrund hierfür war, dass bspw. die Grundbesitzwerte für bebaute Grundstücke zwischen 20 % und über 100 % der gemeinen Wertes lägen und somit eine zu große Streubreite aufweisen würden, um noch als grundsätzlich zulässige Typisierung verfassungsrechtlich hinnehmbar zu sein. Nicht vom Bundesverfassungsgericht geklärt wurde bislang, ob die Heranziehung dieser Werte für Zwecke der Grunderwerbsteuer ebenfalls als verfassungswidrig anzusehen ist.

Entscheidung des FG Münster
Das FG Münster hat in dem Beschluss erhebliche Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung zur Feststellung von Grundbesitzwerten nach § 138 BewG geäußert. Nach Auffassung des Finanzgerichts seien die o. g. Ausführungen des BVerfG nicht nur auf Wertermittlungen im Rahmen der Festsetzung von Erbschaft- und Schenkungsteuer beschränkt, sondern gelten auch für die Bemessung der Grunderwerbsteuer gem. § 8 Abs. 2 GrEStG i. V. m. § 138 BewG. Ähnliche Bedenken hatte der BFH in einem noch laufenden Verfahren geäußert und daher das BMF zu einem Beitritt aufgefordert. Ein endgültiges Urteil des BFH liegt derzeit noch nicht vor. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass das FG Münster im vorliegenden Fall auch eine Aussetzung der Vollziehung gewährte, da dieser Aussetzung kein überwiegendes öffentliches Interesse entgegenstehe.

KonsequenzenNach den gleichlautenden Ländererlassen vom 1.4.2010 erfolgt die Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 8 Abs. 2 GrEStG i. V. m. § 138 BewG nunmehr vorläufig dahingehend, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte verfassungsgemäß ist. Sofern diese Erläuterung im Bescheid fehlt, sollte zwingend Einspruch eingelegt werden. Denn nach Auffassung des FG Münsters ist nicht auszuschließen, dass das BVerfG die streitigen Normen mit Wirkung für die Vergangenheit, d. h. ab dem 1.1.2009, für nichtig erklärt.

4. Organschaft - (Teilweise) Entwarnung beim Gewinnabführungsvertrag

Kernproblem
Eine ertragsteuerliche Organschaft bietet den großen Vorteil, dass Gewinne und Verluste von rechtlich selbstständigen Unternehmen miteinander verrechnet werden können. Voraussetzung für die Anerkennung der Organschaft ist dabei u. a., dass ein Gewinnabführungsvertrag mit einer Mindestdauer von 5 Jahren abgeschlossen wird. Ist die Tochtergesellschaft eine GmbH, so muss der Gewinnabführungsvertrag eine Verlustübernahmeverpflichtung entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG beinhalten. In der Praxis findet sich dazu häufig eine Formulierung, die zusätzlich zu dem Verweis auf § 302 AktG noch deren Wortlaut teilweise wiedergibt. Dies ist nach (sehr umstrittener) Auffassung der OFD Rheinland und OFD Münster schädlich, da damit nicht alle Regelungen des § 302 AktG abgedeckt seien.

Sachverhalt
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin (GmbH) zunächst einen Gewinnabführungsvertrag mit ihrer Muttergesellschaft abgeschlossen, der lediglich auf die entsprechende Anwendbarkeit der Absätze 1 und 3 des § 302 verwies. Diesen Vertrag änderte sie wenig später dahingehend, dass nunmehr allgemein auf § 302 AktG verwiesen und sodann ein Teil der Vorschrift wortgetreu wiedergegeben wurde. Die Finanzverwaltung verneinte in beiden Fällen die steuerliche Anerkennung der Organschaft. Die Klage der GmbH blieb in erster Instanz erfolglos.

Entscheidung
Der BFH gab der Beschwerde der GmbH nur teilweise Recht. In Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung wurde der zuerst geschlossene Gewinnabführungsvertrag nicht anerkannt, da dieser ausdrücklich nur auf die Absätze 1 und 3 des § 302 AktG verweise und somit nicht dessen gesamten Regelungsbereich beinhalte. Der geänderte Gewinnabführungsvertrag sei indes steuerlich anzuerkennen, da dieser einen allgemeinen Verweis auf § 302 AktG (und nicht nur einzelne Absätze) enthalte. In der zusätzlichen Wiedergabe eines Auszugs der Vorschrift könne dabei keine Einschränkung des vorangestellten allgemeinen Verweises auf § 302 AktG gesehen werden (entgegen OFD Rheinland).

Konsequenzen
Die Entscheidung dürfte für große Erleichterung in der Praxis sorgen. Zwar ist anzumerken, dass der Wortlaut des Ergebnisabführungsvertrages im vorliegenden Fall nicht zu 100 % mit der von der OFD Rheinland und OFD Münster zitierten Formulierung übereinstimmt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch bei ähnlichen Formulierungen der Argumentation der Finanzverwaltung die Grundlage entzogen ist. Weitere Entwarnung könnte das geplante JStG 2010 bringen, bei dem laut aktuellem Gesetzgebungsstand zukünftig bei einer GmbH als Tochtergesellschaft eine zivilrechtliche Verlustübernahmeverpflichtung der Muttergesellschaft ausreichend sein soll, so dass ein Verweis auf die entsprechende Anwendung des § 302 AktG nicht mehr notwendig wäre.

5. Einbringung eines MU-Anteils als Agio bei Bargründung

Kernproblem
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, so kann dies unter Beachtung der Voraussetzungen des § 20 UmwStG steuerneutral erfolgen. Eine der dort genannten Voraussetzungen ist, dass der Einbringende im Gegenzug für die Einbringung neue Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft erhält.

Sachverhalt
Im vorliegenden Fall waren mehrere aufeinanderfolgende Einbringungsvorgänge zu untersuchen. Im Kern war jeweils der folgende Sachverhalt strittig: Im Rahmen einer Bargründung oder -kapitalerhöhung einer GmbH übernahm der Gesellschafter der GmbH zusätzlich zu der Bareinlage die Verpflichtung, als Aufgeld (Agio) einen Mitunternehmeranteil in die aufnehmende Kapitalgesellschaft einzubringen. Für dieses Agio wurde bei der GmbH eine Kapitalrücklage gebildet. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Buchwertfortführung nicht vorlägen, da die neuen Anteile nicht als Gegenleistung für den eingebrachten Mitunternehmeranteil gewährt worden seien. Die dagegen gerichtete Klage des Einbringenden beim Finanzgericht war erfolgreich. Das Finanzamt legte hiergegen Revision ein.

Entscheidung
Der BFH hielt die Revision für unbegründet und bestätigte die Auffassung der Vorinstanz. Bei der Verpflichtung zur Einbringung des Mitunternehmeranteils handele es sich um ein Aufgeld, das neben den ebenfalls übernommenen Verpflichtungen zur Zahlung der Bareinlagen geleistet werden musste, um die neuen Anteile zu erhalten. Das für die Anwendung der Buchwertfortfortführung erforderliche Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Einbringung und dem Erhalt neuer Anteile sei somit entgegen der Auffassung des Finanzamts gegeben. Die Voraussetzung der Gewährung neuer Anteile sei demnach (auch dann) erfüllt, wenn der eingebrachte Sacheinlagegegenstand als reines Aufgeld neben der Bareinlage übertragen worden sei.

Konsequenzen
Das Urteil erging noch zu dem alten UmwStG-1995. Da im neuen UmwStG i. d. F. des SEStEG die Buchwertfortführung weiterhin die Gewährung neuer Anteile voraussetzt, behält das Urteil seine Gültigkeit auch im neuen Recht. Für den Steuerpflichtigen ist das Urteil interessant, da die Einbringung als reines Aufgeld neben der Bareinlage aus steuerlicher Sicht zu Buchwerten möglich ist und zum anderen aus gesellschaftsrechtlicher Sicht die Sonderregeln für Sacheinlagen nach § 5 Abs. 4 GmbHG (Sachgründungsbericht, registergerichtliche Werthaltigkeitskontrolle, etc.) keine Anwendung finden.

6. Berufsbetreuer und Verfahrenspfleger nicht gewerbesteuerpflichtig!

Kernproblem
In der Praxis immer wieder strittig ist die Frage, ob eine ausgeübte Tätigkeit als selbstständige Arbeit (§ 18 EStG) oder als gewerbliche Tätigkeit (§ 15 EStG) qualifiziert. Materielle Bedeutung kommt dieser Frage insbesondere hinsichtlich einer etwaigen Gewerbesteuerpflicht bei. Wesentliches Abgrenzungsmerkmal der selbstständigen Tätigkeit ist, ob die persönliche Arbeitsleistung des Berufsträgers statt der Erbringung einer Betriebsleistung im Vordergrund steht. Zusätzlich entscheidend ist, ob die Tätigkeit bzw. der Beruf in § 18 EStG explizit aufgeführt ist oder (zumindest) einem der dort genannten Regelbeispielen ähnelt. In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH dabei die Tätigkeit des Berufsbetreuers als gewerblich qualifiziert. Die Qualifizierung der Einkünfte eines Verfahrenspflegers wurde hingegen bislang nicht höchstrichterlich geklärt.

Sachverhalt
Der BFH hatte 2 unterschiedliche Fälle zu entscheiden. Im ersten Fall ging es um eine Volljuristin (ohne anwaltliche Zulassung), die als Berufsbetreuerin und Verfahrenspflegerin tätig war. Im zweiten Fall lag eine Rechtsanwaltssozietät vor, die neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit auch als Verfahrenspfleger aktiv waren. In beiden Fällen qualifizierte das Finanzamt die Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb, die entsprechend auch der Gewerbesteuer unterlägen. Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht blieb in beiden Fällen erfolglos.

Entscheidung
Der BFH gab den Klägern in beiden Fällen Recht. In Abkehr von seiner jahrelangen Rechtsprechung qualifiziert er Einkünfte eines Berufsbetreuers nunmehr als solche aus selbstständiger Arbeit. Entscheidend dafür sei, dass die ausgeübte Tätigkeit den in § 18 EStG explizit genannten Regelbeispielen (Testamentsvollstreckung, Vermögensverwaltung, Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied) ähnlich sei. Dies sei der Fall, da die Tätigkeit als Berufsbetreuer durch eine selbstständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt sei. Die für die Qualifikation der Tätigkeit eines Berufsbetreuers als selbstständige Tätigkeit herangezogenen Kriterien seien ebenfalls bei einem Verfahrenspfleger erfüllt, der aufgrund seiner speziellen Kenntnisse insbesondere zu Verfahren hinzugezogen wird, die besondere Sachkenntnisse verlangen.

Konsequenzen
Die Urteile bilden ein weiteres Glied in der schier unendlichen Kette von Rechtsprechungen zur Abgrenzung der selbstständigen von der gewerblichen Tätigkeit. Vorliegend fällt die Rechtsprechungsänderung jedoch zu Gunsten des Steuerpflichtigen aus. Es bleibt aber abzuwarten, wie eine mögliche Reaktion der Finanzverwaltung und/oder des Gesetzgebers aussehen könnte.

7. Anspruch auf Auseinandersetzungsguthaben vor Erstellung der Abfindungsbilanz?

Kernaussage
Der Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens oder eines Verlustausgleichs wird nicht erst mit Erstellung oder gar Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz fällig. Voraussetzung für den Beginn der Verjährung (§ 195 BGB) eines vor dem 1.1.2002 entstandenen Anspruchs ist die Kenntnis des Gläubigers oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen.

Sachverhalt
Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Form einer GbR. Die Beklagten waren der GbR im Jahr 1989 beigetreten. Ende 1999 erklärten sie die Kündigung zum 31.12.2000. Nach dem Gesellschaftsvertrag wird ein Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens oder Verlustausgleichs innerhalb von 6 Monaten nach Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters fällig. Die am 21.7.2003 erstellte endgültige Auseinandersetzungsbilanz wies zum Stichtag einen anteiligen Verlust für die Beklagten aus. Einen Teilbetrag hat die Klägerin im Mahnverfahren geltend gemacht. Im Oktober 2004 wurde sie über den Widerspruch der Beklagten unterrichtet. Den Gerichtskostenvorschuss zahlte die Klägerin im Januar 2007 ein. Das AG gab der Klage statt. Das LG wies sie wegen Verjährung ab.

Entscheidung
Der BGH hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache an das LG zurück, da die Urteilsfeststellungen die Klageabweisung wegen Verjährung nicht trugen. Das Fehlen der Auseinandersetzungsbilanz hindert den Eintritt der Fälligkeit nicht, da der Anspruch bestimmbar ist und im Wege einer unbezifferten Feststellungsklage hätte geltend gemacht werden können. Voraussetzung für den Verjährungsbeginn eines vor dem 1.1.2002 entstandenen Anspruchs ist die Kenntnis des Gläubigers oder die grob fahrlässige Unkenntnis, dass das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden nicht ausreichen wird. Hierzu hatte das LG keine Feststellungen getroffen.

Konsequenz
Gemäß dieser Entscheidung sollte auch der Ausscheidende zur Vermeidung der Verjährung im Wege der Stufenklage Vorlage der Auseinandersetzungsbilanz und sodann Zahlungsklage erheben, sofern das Gesellschaftsvermögen die gemeinschaftlichen Schulden deckt.

8. Steuerzahler muss Finanzamt nicht auf Fehler aufmerksam machen

Kernaussage
Reicht ein Steuerpflichtiger eine vollständige und zutreffende Steuererklärung beim Finanzamt ein, ist er nicht dazu verpflichtet, auf den Fehler des Finanzamtes bei der Festsetzung des zu versteuernden Einkommens aufmerksam zu machen, auch wenn er dadurch Steuern spart.

Sachverhalt
In der Einkommensteuererklärung für 1999 gab der Kläger Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von rund 1 Mio. DM an. Das beklagte Finanzamt erließ im März 2002 einen Einkommensteuerbescheid für 1999 in dem es die vom Kläger genannten Einkünfte aufgrund eines Eingabefehlers als negative Einkünfte behandelte. Dieser Bescheid und die Folgebescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit der Einkommensteuererklärung für 2001 verwies der Kläger auf den verbleibenden Verlustvortrag und erklärte, dass er mit einer Einkommensteuererstattung rechne. Der Vorzeichenfehler des Beklagten hatte zur Folge, dass der Kläger für die Jahre 1999 bis 2001 sämtliche Einkommensteuervorauszahlungen erstattet bekam. Im Vorfeld einer im Jahr 2004 angeordneten Betriebsprüfung ging bei dem Beklagten eine strafbefreiende Erklärung des Klägers ein. Mangels Vorliegen einer Straftat lehnte der Beklagte die strafbefreiende Erklärung ab. Hiergegen richtet sich die Klage, da der Kläger, wenn schon Nachzahlungen zu entrichten waren, in den Genuss der für ihn günstigeren Steueramnestie kommen wollte.

Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Die Revision ist vor dem BFH anhängig. Der Kläger hat weder unrichtige Angaben gegenüber Finanzbehörden gemacht, noch diese pflichtwidrig über steuererhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen. Auch die Angaben in der Steuererklärung für 2001 entsprachen der Wahrheit. Ferner hat sich der Kläger keiner Steuerhinterziehung durch Unterlassen schuldig gemacht, denn die hierfür erforderliche Garantenstellung wurde mangels eines Fehler verursachenden Handelns des Steuerpflichtigen nicht begründet. Aus diesem Grunde ist der Steuerpflichtige nicht zum Einschreiten verpflichtet und muss nicht auf Fehler des Finanzamts hinweisen.

Konsequenz
Die Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten. Gegen Hinterziehungszinsen wegen eines nicht angezeigten Fehlers des Finanzamts sollte mit einem Einspruch und einem Antrag auf Ruhen des Verfahrens unter Hinweis auf das anhängige BFH-Verfahren reagiert werden.

9. Ehemaliger Klinik-Geschäftsführer erhält Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung

Kernfrage/Rechtslage
Obwohl arbeitsrechtlich feststeht, dass ein GmbH-Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer der GmbH angesehen werden kann, fallen GmbH-Geschäftsführer in den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Dies allerdings nur, soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft. In diesen Fällen sind auch GmbH-Geschäftsführer vor Diskriminierungen geschützt. Das Oberlandesgericht Köln hat jetzt erstmals einem Geschäftsführer auch Schadensersatz zugesprochen.

Sachverhalt
Der 60 Jahre alte Kläger war auf 5 Jahre befristet medizinischer Geschäftsführer einer Klinik-GmbH. Der Aufsichtsrat der GmbH lehnte bei Vertragsende eine Verlängerung der Anstellung ab; die Stelle wurde mit einem 41-jährigen Nachfolger besetzt. Im Prozess machte der Geschäftsführer geltend, seine erneute Bestellung sei allein aus Altersgründen gescheitert und obsiegte vor dem Oberlandesgericht.

Entscheidung
Das Gericht urteilte, dass dem Kläger zunächst die gesetzliche Beweiserleichterung des AGG zugute komme; die Benachteiligung aus Altersgründen stehe aufgrund von Indizien fest, die die Klinik-GmbH im Prozess nicht widerlegt habe. Dabei stellte das Gericht zentral auf Presseberichte ab, nach denen auf der Basis von Äußerungen aus dem Aufsichtsrat die Entscheidung gegen den Kläger eindeutig in einen Zusammenhang damit gestellt wurde, dass man diesen nicht für weitere 5 Jahre beschäftigen könne, ohne die für die Leitungsämter vorgesehene Altersgrenze von 65 Lebensjahren zu überschreiten. Klarer - so das Gericht - könne man einen bestimmenden Einfluss des Altersfaktors nicht umschreiben. Die von Seiten der GmbH vorgelegten Aufsichtsratsprotokolle, in denen auch über Unzulänglichkeiten des Klägers gesprochen worden war, seien nicht geeignet, dessen Anspruch zu entkräften.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Reichweite des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes über den normalen Arbeitnehmerkreis hinaus. Allerdings ist die Entscheidung (noch) nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

10. Werbung für computergestützte Brillenabgabesysteme ist wettbewerbswidrig

Kernaussage
Wenn durch das Gewähren oder Inaussichtstellen eines finanziellen Vorteils darauf hingewirkt wird, dass Ärzte entgegen ihren Pflichten aus dem Behandlungsvertrag nicht allein aufgrund des Patienteninteresses entscheiden, ob sie diese an einen bestimmten Anbieter gesundheitlicher Leistungen verweisen, stellt dies eine unangemessene unsachliche Einflussnahme auf die ärztliche Behandlungstätigkeit dar.

Sachverhalt
Die klagende Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs wandte sich gegen eine Werbung der Beklagten für den Vertrieb ihrer Brillen durch Augenärzte. Die Beklagte stellte Augenärzten ein System zur Verfügung, das aus einem Brillensortiment und einem Computersystem zur individuellen Anpassung besteht. Nach Eingabe der Patientendaten und Auswahl der Brille in der Augenarztpraxis wurden die Informationen an die Beklagte übermittelt. Bestellte der Patient dort eine Brille, erhielt der Augenarzt eine Vergütung zwischen 80 EUR und 160 EUR. Die Klägerin rügte die Wettbewerbswidrigkeit dieser Kooperation (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 34 Abs. 5, § 3 Abs. 2 der Berufsordnungen der Landesärztekammern (BOÄ) und § 3, 4 Nr. 1 UWG). Sie wandte sich gegen bestimmte Werbemaßnahmen der Beklagten gegenüber Augenärzten sowie gegen die Benutzung eines Faltblatts zu Werbezwecken. Die Beklagte unterlag schließlich vor dem BGH.

Entscheidung
Die Werbung der Beklagten war geeignet, die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Augenärzte unangemessen sachlich zu beeinflussen. In der Werbung lag eine unangemessene Einflussnahme auf die Behandlungstätigkeit der Ärzte, weil die Beklagte durch das Inaussichtstellen einer zusätzlichen Verdienstmöglichkeit pro vermittelter Brille einen erheblichen Anreiz für die Mediziner setzte, ihre Patienten auf einem verkürzten Versorgungsweg auf die Beklagte hinzuweisen. Sie entschieden nicht mehr allein anhand des Patienteninteresses, an welchen bestimmten Anbieter gesundheitlicher Leistungen sie die Patienten verwiesen und verstießen so gegen ihre Pflichten aus dem Behandlungsvertrag und dem Berufsrecht.

Konsequenz
Nach § 34 Abs. 5 BOÄ dürfen Ärzte ihre Patienten nicht ohne hinreichenden Grund an Optiker verweisen; hierdurch soll die unbeeinflusste Wahlfreiheit der Patienten unter den Anbietern gesundheitlicher Leistungen gewährleistet werden. Naheliegende Folge des Werbe-Systems der Beklagten war es daher, dass Ärzte ihre Patienten regelmäßig auf dem verkürzten Versorgungsweg auf die Beklagte hinwiesen und so gegen das ärztliche Berufsrecht verstießen.

11. Ausfuhrerstattung: Ausfuhrlizenzen im Sektor Schweinefleisch

Kernaussage
Die Anträge auf Erteilung von Ausfuhrlizenzen für Erzeugnisse des Sektors Schweinefleisch sind von Montag bis Freitag jeder Woche einzureichen; eine endgültige Ausfuhrlizenzerteilung erfolgt regelmäßig erst am Mittwoch der darauffolgenden Woche. Bis dahin kann die Kommission der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Anträge ablehnen. Hiervon abweichend kann dem Marktteilnehmer eine Sofortlizenz erteilt werden, die bis zum entsprechenden Entscheidungstag vorläufig ist bzw. mit einem einschränkenden vorläufigen Anspruch ausgestellt wird.

Sachverhalt
Für die Ausfuhr von rund 25 Tonnen Schweinefleisch beantragte der Kläger Ausfuhrerstattungen von 10.000 EUR. Hierfür hatte er eine Sofortlizenz vorgelegt, die mit dem Vorbehalt ausgestellt worden war, dass Erstattungen frühestens 15 Arbeitstage nach dem Tag der Erteilung zu gewähren sind. Die Erteilung der Lizenz beruhte auf einer EG-Verordnung (Nr. 1370/95), deren Wortlaut zwischenzeitlich geändert worden war. Die BLE teilte dem Kläger sodann per Bescheid mit, dass die ursprüngliche Ausfuhrlizenz durch eine solche ohne Anspruch auf Erstattung ersetzt wurde. Das beklagte Hauptzollamt lehnte den Erstattungsantrag des Klägers daraufhin ab. Der Kläger unterlag vor dem BFH.

Entscheidung
Der BFH macht deutlich, dass sog. Sofortlizenzen mit einem gewissen Risiko verbunden sind. Denn bis zur endgültigen Erstattung innerhalb der 15 Arbeitstage kann die Lizenz, wie im Urteilsfall durch die zuständige Kommission geschehen, jederzeit widerrufen werden. Damit steht die Lizenz für den Zeitraum der Lizenzerteilung und den Mittwoch der darauffolgenden Woche unter dem Vorbehalt des Widerrufs bzw. der Änderung. Insofern erlangt der Lizenznehmer erst an dem Mittwoch, der auf die Antragswoche folgt, eine gesicherte Rechtsposition in Bezug auf die Gewährung von Ausfuhrlizenzen und damit den Anspruch auf Ausfuhrerstattungen.

Konsequenz
Die Verordnung mit Durchführungsvorschriften für die Ausfuhrlieferungen im Bereich Schweinefleisch ist dahingehend wirksam, dass Sofortlizenzen unter dem Vorbehalt eines Widerrufs stehen. Auch wird das Diskriminierungsverbot nicht dadurch verletzt, dass für Kleinmengen in anderen Marktordnungen abweichende Regeln gelten.

12. Verjährung trotz Hinausschiebung einer Betriebsprüfung

Kernproblem
Dass im Steuerrecht nicht nur materielle, sondern auch verfahrensrechtliche Dinge zählen, hat einmal mehr ein Verfahren vor dem BFH gezeigt. Hier hatte das Finanzamt einen Bericht der Betriebsprüfung (BP) ausgewertet. Die Besonderheit daran war der Zeitablauf. Die Jahre 1993 und 1994 eines Kieswerks sollten geprüft werden. Steuererklärungen waren jeweils im Folgejahr abgegeben worden, die BP sollte im Dezember 1996 beginnen. Dann ging es los: Auf Antrag des StB wurde die Prüfung in den Januar 1997 verschoben. Weil der Betriebsprüfer jedoch mittlerweile abgeordnet war, verschob das Finanzamt die BP in das 2. Halbjahr 1997. Dann passierte nichts mehr bis zum November 1999. Jetzt wollte das Finanzamt, aber das Kieswerk lieber erst im nächsten Jahr. So kam es dann endlich im Frühjahr 2000 zur BP. Aber durfte das festgestellte Mehrergebnis noch ausgewertet werden?

Rechtslage
Eine Änderung ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist; diese beträgt regelmäßig 4 Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird. Die Regelverjährungen waren somit Ende 1998 (für 1993) bzw. Ende 1999 (für 1994) eingetreten. Wird jedoch vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für diese Jahre nicht ab (sog. Ablaufhemmung), bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Bescheide unanfechtbar geworden sind. Somit sprach vom Gesetzeswortlaut vieles für eine Ablaufhemmung.

Entscheidung des BFH
Der BFH hat die Streitjahre als verjährt angesehen. Zwar habe der Antrag des Kieswerks auf Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung ungeachtet der beantragten Frist der Verschiebung (bis Januar 1997) dazu geführt, dass die Ablaufhemmung zunächst eingetreten und auch nicht allein wegen des Ablaufs der beantragten Frist rückwirkend entfallen sei. Die Ablaufhemmung sei jedoch deshalb wieder entfallen, weil das Finanzamt nicht innerhalb einer Frist von 2 Jahren nach Eingang des Antrags auf Verschieben des Prüfungsbeginns mit einer Prüfung begonnen habe. Der Terminvereinbarung Ende 1999 wurde keine Bedeutung mehr beigemessen, weil sich ein Antrag auf Verschiebung nicht erwiesen habe.

Konsequenz
Der BFH wendet hier eine in anderen Vorschriften zur Ablaufhemmung vorzufindende Frist (z. B. bei Auswertung von Grundlagenbescheiden oder Wegfall der Ungewissheit bei vorläufiger Festsetzung) aufgrund des dort konkretisierten Rechtsgedankens analog an.

13. Zuckerrübenlieferrecht: 10 Jahre Nutzungsdauer

Kernaussage
Zuckerrübenlieferrechte sind abnutzbare immaterielle Wirtschaftsgüter. Das gilt unabhängig davon, ob sie an den Betrieb oder an Aktien gebunden sind. Eine Schätzung der Nutzungsdauer auf 10 Jahre ist nicht zu beanstanden.

Sachverhalt
Der Kläger ist aktiver Landwirt und hatte von anderen Landwirten entgeltlich Zuckerrübenlieferungsrechte erworben. Die Anschaffungskosten wurden aktiviert und linear über einen Zeitraum von 10 Jahren abgeschrieben. Das beklagte Finanzamt hingegen erkannte die steuerwirksame Abschreibung auf die Zuckerrübenlieferungsrechte nicht an. Es erhöhte die betreffenden Buchwerte sowie die den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu Grunde liegenden Gewinne und setzte eine entsprechend höhere Steuer fest. Einspruch und Klage hiergegen hatten keinen Erfolg. Der BFH urteile schließlich zugunsten des Klägers.

Entscheidung
Zuckerrübenlieferungsrechte stellen gemeinschaftsrechtlich geregelte Lieferrechte dar. Sie sind Grundlage einer Abnahmegarantie zu Sonderkonditionen. Der Fortbestand wird ebenfalls nur durch gemeinschaftsrechtliche Regelungen auf EU-Basis bestimmt. Es handelt sich in Folge dessen um selbstständige immaterielle Wirtschaftsgüter. Diese Rechte unterliegen einer unbestimmten, aber begrenzten Dauer. Es besteht Gewissheit über ihr Ende, nicht aber über dessen Zeitpunkt. Demnach ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu schätzen. Mit Bezug auf die bereits entschiedene betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Milchlieferungsrechten wird auch bei Zuckerrübenlieferungsrechten nicht beanstandet, wenn auch hier von einer 10jährigen Nutzungsdauer ausgegangen wird.

Fazit
Durch die EG-Verordnung vom 20.2.2006 wurde beschlossen, dass die Zuckermarktordnung mit Ablauf des Zuckerwirtschaftsjahres 2014/15 am 30.9.2015 ausläuft. Demnach ist eine Schätzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer auf 10 Jahre nicht zu beanstanden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rechte an den Betrieb oder an Aktien gebunden sind.

14. Zur Bewertung unentgeltlich eingeräumter Genussrechte

Kernproblem/Kernaussage
§ 19a EStG regelt die Besteuerung der unentgeltlichen Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist diese Vorschrift nur in den Fällen anzuwenden, in denen der aus der Annahme des Überlassungsangebots entstehende Vorteil bis zur Überlassung Veränderungen unterliegen könne. Beziffere der Arbeitgeber jedoch in seinem Überlassungsangebot den Vorteil mit einem feststehenden Betrag, bedürfe es für die Ermittlung des geldwerten Vorteils nicht der Heranziehung des § 19a EStG (Freigrenze). Für diesen Fall unterliegen die den Mitarbeitern gewährten Genussrechte als unentgeltliche Sachbezüge der Besteuerung nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG.

Sachverhalt
Die Klägerin räumte ihren Arbeitnehmern im Oktober 2005 jeweils mit bis Ende 2007 befristeten Individualverträgen das Recht ein, monatlich unentgeltlich ein unverbrieftes Genussrecht im Wert von 44 EUR zu erwerben. Die Klägerin ließ die unentgeltlich gewährten Genussrechte in der Auffassung unbesteuert, dass diese unterhalb der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG (44 EUR pro Monat) nicht der Lohnsteuer unterlägen. Das beklagte Finanzamt erfasste dagegen die Genussrechte als steuerpflichtige Sachbezüge. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung
Der BFH bestätigte das Urteil des Finanzgerichts. Denn im hier zu entscheidenden Streitfall bedurfte es nicht der Anwendung der Sonderregelung des § 19a EStG, nachdem der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern jeweils wertmäßig konkret bezifferbare und bezifferte Genussrechte im Wert von jeweils 44 EUR eingeräumt hatte und der Vorteil dadurch der Höhe nach unabänderlich festgeschrieben war.

Konsequenz
Eine vergünstigende Norm darf nicht dazu führen, dass der Steuerpflichtige ungünstiger behandelt wird, als wenn es diese Vergünstigung nicht gäbe.

15. Handelsvertreterausgleichsanspruch ist Engeltforderung

Kernaussage
Eine Entgeltforderung i. S. d. § 288 Abs. 2 BGB liegt (unter Berücksichtigung des Ziels der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.6.2000) vor, wenn die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet ist. Die Leistung muss in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen bestehen. Einer synallagmatischen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung bedarf es nicht. Der Handelsvertreterausgleichsanspruch ist Entgeltforderung i. S. d. § 288 Abs. 2 BGB.

Sachverhalt
Der Kläger war aufgrund eines Tankstellenverwaltervertrages für die Beklagte als Handelsvertreter tätig. Nach Beendigung der Vertragsbeziehung verlangt er von der Beklagten die Zahlung eines weiteren Ausgleichs nach § 89b HGB nebst Verzugszinsen von 8 Prozentpunkten über den Basiszinssatz. Das LG wies die Klage ab. Das Kammergericht gab der Klage teilweise statt und sprach Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Zahlung der beantragten höheren Zinsen weiter.

Entscheidung
Der BGH gab der Klage statt. Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist ein Vergütungsanspruch, der dem Handelsvertreter die restliche, durch Provisionszahlungen bis zum Vertragsende noch nicht abgegoltene Gegenleistung für den auf der Vermittlungstätigkeit beruhenden Vorteil verschaffen soll. Dieser Vorteil besteht in dem Aufbau des Kundenstamms. Zwar ist der Ausgleichsanspruch kein reiner Vergütungsanspruch, da die Entstehung und die Bemessung durch Aspekte der Billigkeit beeinflusst werden. Dieser Mischtatbestand hindert die Qualifikation als Entgeltforderung nicht. Auch kann der Begriff der Entgeltlichkeit nicht mit dem Begriff des Synallagmas gleichgesetzt werden, Entgeltlichkeit liegt auch dann vor, wenn die Leistung des einen Teils Bedingung für die Entstehung der Verpflichtung des anderen Teils ist (sog. konditionelle Verknüpfung).

Konsequenz
Eine Geldschuld ist während des Verzuges zu verzinsen. Der gesetzliche Verzugszins beträgt dabei für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB). Ist an den Rechtsgeschäften kein Verbraucher beteiligt, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen 8 Prozentpunkte über den Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB). Dieser erhöhte Verzugszins ist nunmehr zwingend auch für den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters geltend zu machen.

16. Gewinnerzielungsabsicht bei selbstständiger Steuerberatertätigkeit

Kernproblem/Kernaussage
Eine einkommensteuerlich relevante Betätigung ist nach der Rechtsprechung des BFH nur gegeben, wenn die Absicht besteht, auf Dauer nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Ein für eine Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis entfällt bereits dann, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend waren.

Sachverhalt
Die Klägerin, eine Steuerberaterin, erwirtschaftete in den Jahren 1997 bis 2005 ausschließlich Verluste. Der Ehegatte erzielte in den Streitjahren teilweise erhebliche Einkünfte. Die Verrechnung mit den Verlusten aus der freiberuflichen Tätigkeit der Ehefrau führte in den einzelnen Jahren zu einer Minderung der Steuerlast. Der Verlust des Jahres 2005 wurde vom beklagten Finanzamt nicht anerkannt. Das Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Entscheidung
Die Tätigkeit der Klägerin als Steuerberaterin erfolgte nicht mit Gewinnerzielungsabsicht und führte im Streitjahr nicht zu Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit. Der BFH bestätigte in der Vergangenheit bereits mehrfach, dass die Tätigkeit eines Steuerberaters, Rechtsanwalts oder Architekten als Liebhaberei zu qualifizieren ist, wenn über Jahre hinweg lediglich Erlöse auf geringem Niveau erzielt werden, auf der anderen Seite aber steuerlich Verluste aus der Tätigkeit erklärt und diese mit Einkünften aus anderen Quellen verrechnet werden. Die Tätigkeit der Klägerin war auch auf Dauer nicht geeignet, einen Totalgewinn zu erzielen. Das Finanzgericht gelangte daher zu der Überzeugung, dass die Klägerin ihrer Tätigkeit nicht aus Gründen der Gewinnerzielungsabsicht, sondern aus persönlichen Beweggründen nachkam. Entscheidendes Gewicht kam insoweit dem Umstand zu, dass die dauerhaften Verluste in den Jahren 1997 bis 2005 dazu genutzt wurden, die Steuerlast der Klägerin insgesamt zu mindern, indem diese die z. T. erheblichen Einkünfte des Ehemanns kompensierten. Die Minderung der Steuerlast ist aber gerade ein persönliches Motiv. Auch die Art der Wahrnehmung der Aufgaben als Steuerberaterin in der Vergangenheit deuteten darauf hin, dass die Tätigkeit der Klägerin nicht geeignet war, auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen.

Konsequenz
Zwar stellt die Tätigkeit eines Steuerberaters gewöhnlicherweise eine Tätigkeit dar, die dem "Broterwerb" dient. Wenn allerdings eine selbstständig tätige Steuerberaterin in 8 Jahren dauerhaft Verluste erzielt und dadurch die erheblichen Einkünfte des Ehemannes steuerlich kompensiert, spricht dies gegen eine Gewinnerzielungsabsicht.

17. Strafverteidigungskosten als Werbungskosten

Kernproblem
Strafverteidigungskosten sind meist die Folge kriminellen Verhaltens und deshalb, wie die Strafe selbst, in der Regel der privat zu verantwortenden Unrechtssphäre zuzuordnen. Damit besteht ein einkommensteuerliches Abzugsverbot. Ob bzw. unter welchen Umständen hierbei aber auch Werbungskosten eines Arbeitnehmers vorliegen können, war Streitgegenstand einer Klage beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz.

Sachverhalt
Der Kläger, ein leitender Bediensteter der Privatisierungsabteilung der Treuhandanstalt war wegen Vorteilsannahme zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er sich von einem Unternehmer eine spätere Anstellung hatte zusagen lassen. Die angebotene Gegenleistung des promovierten Dipl.-Kfm. hätte seine Mitwirkung bei künftigen Verkäufen an die Unternehmensgruppe des Unternehmers sein sollen. Die mit dem Strafverfahren zusammenhängenden Werbungskosten wollte das beklagte Finanzamt mangels beruflicher Veranlassung nicht anerkennen. Der Kläger verwies darauf, die Berufsausübung habe in dem Führen von Verkaufsgesprächen, Verhandeln, Besuchen von Verkaufsinteressenten, Einholen von Auskünften sowie dem Abschluss von Kaufverträgen bestanden. Im Rahmen dieser Berufsausübung sei er mit dem Vorteil konfrontiert worden.

Entscheidung des FG
Die Klage hatte zwar keinen Erfolg; der Urteilsbegründung ist jedoch zu entnehmen, dass das Gericht Strafverteidigungskosten nicht generell vom Werbungskostenabzug ausschließen wollte. So könnten auch vorsätzlich begangene Straftaten selbst im Falle einer Verurteilung zu Werbungskosten führen, sofern der strafrechtliche Vorwurf, gegen den man sich zur Wehr setze, durch eigenes berufliches Verhalten verursacht sei. Ein beruflicher Zusammenhang bestehe nur, wenn die vorgeworfene Tat ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sei. Hierbei müsse ein strenger Maßstab angelegt werden. Der Kläger musste sich dagegen vorwerfen lassen, die Vorteilsannahme sei nicht in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit geschehen, sondern nur bei Gelegenheit. Es habe nicht zu seinen Pflichten gehört, sich Vorteile für künftige Diensthandlungen versprechen bzw. gewähren zu lassen. Die Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten setze vielmehr voraus, dass die schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen.

18. Steuerneutrale Abspaltung eines Teilbetriebs

Kernproblem
Die Übertragung von Vermögen einer Kapitalgesellschaft auf andere Kapitalgesellschaften im Wege der Spaltung kann nur dann steuerneutral erfolgen, wenn auf die Übernehmerinnen ein Teilbetrieb übertragen wird. Im Fall der Abspaltung muss zudem ein Teilbetrieb bei der übertragenden Kapitalgesellschaft verbleiben. Fraglich war, ob eine (steuerbegünstigte) Übertragung von Teilbetrieben vorliegt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen nicht übertragen werden, sondern insoweit lediglich eine Nutzungsüberlassung (Vermietung) vereinbart wird.

Sachverhalt
Die klagende GmbH übertrug ihren Teilbetrieb Stahl- und Metallbearbeitung im Wege der Abspaltung auf eine neugegründete Schwestergesellschaft. Die für ihren Fertigungsbetrieb genutzten Grundstücke sollten ausdrücklich nicht übertragen, sondern lediglich an die neue Gesellschaft vermietet werden. Mangels Übertragung der Grundstücke war das beklagte Finanzamt der Auffassung, dass die für eine Buchwertfortführung notwendige Übertragung eines Teilbetriebs nicht vorläge. Nach Auffassung des Finanzgerichts steht hingegen die bloße Vermietung von wesentlichen Betriebsgrundlagen einer Buchwertfortführung nicht entgegen. Der Bundesfinanzhof sah dies anders und folgte der Ansicht des Finanzamts.

Entscheidung
In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass grundsätzlich jedes vom Betrieb genutzte Grundstück eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Es liege jedoch keine steuerbegünstigte Übertragung eines Teilbetriebs vor, wenn diese wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht übertragen werden, sondern der übernehmende Rechtsträger insoweit nur ein obligatorisches Nutzungsrecht erhält. Ausdrücklich nicht entschieden hat der BFH indes, ob eine nur wirtschaftliche Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend ist oder ob stets (auch) zwingend das zivilrechtliche Eigentum übergehen muss.

Konsequenz
Bei der Spaltung von Kapitalgesellschaften ist stets darauf zu achten, dass auf die Übernehmerinnen ein Teilbetrieb übergeht und im Fall der Abspaltung ein Teilbetrieb bei der Überträgerin verbleibt. Bei Wirtschaftsgütern, die für mehr als einen Teilbetrieb eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen, stellen diese grundsätzlich ein Spaltungshindernis dar, wenn sie nicht geteilt werden können. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist bei Grundstücken daher grundsätzlich eine zivilrechtliche reale Teilung ausreichend; bei Unzumutbarkeit derselben soll eine ideelle Teilung (Bruchteilseigentum) im Verhältnis der tatsächlichen Nutzung ausreichen. Als Gestaltungsalternative bietet sich unter Umständen auch die vorherige Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlage an einen Dritten oder eine nahestehende Person an, die das Wirtschaftsgut anschließend der übernehmenden Kapitalgesellschaft zur Nutzung überlässt.

19. Umsatzeinbußen reichen nicht für betriebsbedingte Kündigung

Kernfrage/Rechtslage
Betriebsbedingte Kündigungen sind dann zulässig, wenn dringende betriebliche Gründe vorliegen. Arbeitgeber gehen dabei in der Regel davon aus, dass diese bereits dann vorliegen, wenn es zu einem Umsatzrückgang kommt. Allerdings werden aufgrund von Umsatzrückgängen ausgesprochene Kündigungen von Arbeitsgerichten in der Regel nur dann als wirksam erachtet, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich durch den Umsatzrückgang weggefallen ist. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einer jüngeren Entscheidung insbesondere zur Beweislast des Arbeitgebers in solchen Fällen Stellung genommen.

Sachverhalt
Der beklagte Arbeitgeber hatte dem klagenden Arbeitnehmer betriebsbedingt mit der Begründung gekündigt, der Bedarf für die von ihm im Unternehmen ausgeübte Tätigkeit sei zu 75 Prozent zurückgegangen. Auftrags- und Umsatzrückgänge hätten zu einer völligen Umstrukturierung des Unternehmens geführt. Dagegen wandte sich der Arbeitnehmern mit einer Kündigungsschutzklage und gewann.

Entscheidung
Das Gericht führte zur Begründung aus, der Arbeitgeber habe nicht plausibel dargelegt, dass mit dem Auftragsrückgang und der Umstrukturierung der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers weggefallen sei. Für eine betriebsbedingte Kündigung auf Grund von Umsatzeinbußen vermisste das Gericht: - eine nachvollziehbare Aufstellung der in Anspruch genommenen Arbeitsvolumina, - deren Zuordnung zu bestimmten Stundenzahlen, - deren Aufteilung auf bestimmte Aufgabenbereiche, - die Darstellung, warum eine Übertragung anderweitiger Aufgaben an den Kläger nicht möglich war, und - wie sich im Laufe welchen Zeitraums konkret die Arbeitsvolumina verändert, d. h. reduziert haben sollen.

Konsequenz
Eine betriebsbedingte Kündigung ist nicht ohne weiteres gerechtfertigt, weil ein Mitarbeiter deutlich weniger Arbeit hat. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Mitarbeiter allein für die konkrete Tätigkeit eingestellt worden ist. Der bloße Hinweis auf Umsatzeinbußen reicht ebenfalls nicht, da es in erster Linie nicht darauf, sondern auf den Arbeitszeit- und Arbeitskräftebedarf im Betrieb ankommt.

20. Ehegatten-Untertreuhandverhältnis: Steuerrechtliche Anerkennung

Kernaussage
Verträge zwischen nahen Angehörigen tragen die Gefahr des steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten. Genügen Treuhandverträge über GmbH-Anteile nicht der zivilrechtlich hinreichenden Form, kann eine Zurechnung zum wirtschaftlichen Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) nur erfolgen, wenn objektive Anhaltspunkte für den tatsächlichen Vollzug vorgetragen werden.

Sachverhalt
Die Kläger wurden als Eheleute im Streitjahr 1997 zusammen veranlagt. Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Die Klägerin war über einen notariellen Treuhandvertrag mit einem Dritten mittelbar am Stammkapital der Gesellschaft zu 49,7 % beteiligt. Am Tag der notariellen Beurkundung des Treuhandvertrages schlossen die Kläger untereinander eine schriftliche als "Treuhand" bezeichnete Vereinbarung ab, wonach die Klägerin im Innenverhältnis die Hälfte ihrer mittelbaren Anteile für den Kläger hielt und verwaltete. Nach Auflösung der GmbH, Beendigung der Liquidation sowie Auflösung der Vertragsverhältnisse erhielten die Kläger jeweils einen anteiligen Liquidationserlös. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte im Streitjahr einen Auflösungsgewinn der Klägerin in voller Höhe nach § 17 EStG 1997. Hiergegen richtete sich die Klage.

Entscheidung
Die Klage blieb in sämtlichen Instanzen erfolglos. Die als Unterbeteiligungsvertrag auszulegende privatschriftliche Vereinbarung ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen und begründet weder nach Inhalt noch tatsächlichem Vollzug für den Kläger die Position des wirtschaftlichen Eigentümers. Bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist der Mangel der zivilrechtlichen Form als Beweisanzeichen mit verstärkter Wirkung gegen die steuerliche Anerkennung den Vertragsparteien anzulasten. Vorliegend wurden die "Beteiligungsverträge" am gleichen Tag geschlossen, so dass die Zivilrechtslage klar war und der Formverstoß gegen den Bindungswillen der Kläger spricht. Soweit die Kläger den tatsächlichen Vollzug des Vertrages behaupten, können sie zum Beweis nicht eigene Schilderungen des internen Verfahrensablaufs unter genereller Berufung auf übliche Absprachen im Familienverbund anbieten.

Konsequenz
Der BFH hatte wegen der Verengung des Prüfungsumfangs nicht die Frage zu beantworten, ob dem Kläger Anteile als wirtschaftliches Eigentum (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) trotz zivilrechtlich unwirksamer Vereinbarung überhaupt zurechenbar sind. Es bleibt hinsichtlich dieser Rechtsfrage bei der Inkonsequenz der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
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